Johann Sebastian Bach,
Orchestersuite Nr 1, C Dur,
BWV 1066.
Camille Saint-Saëns,
Symphony No. 3, "Orgelsinfonie" Aufnahmen >
Modest Mussorgsky, Eine Nacht auf dem kahlen Berge (1869)
Claude Debussy, Danse sacrée et dance profane (1904)
Ernst von Dohnányi, Concertino für Harfe und Kammerorchester (1952)
Antonín Dvořák, Das goldene Spinnrad (1896)
Tschaikowsky:
Hindemith: Symphony "Die Harmonie der Welt"
Wagner (arr. Humperdinck) und
Bach mit stARTacademy Solisten
Bar Avni leitet die Bayer-Philharmoniker beim Konzert am 2. September 2023 im Altenberger Dom. (Copyright: Michael Wand)
29. September 2023
von Frank Weiffen
Das Orchester unter der Leitung von Bar Avni – von der Bayer-Kultur geförderte „StART“-Künstlerin und international mehr und mehr für Aufsehen sorgenden Dirigentin – gastiert am Samstag, 2. September, um 14.30 Uhr im Altenberger Dom und gibt dort ein Konzert. Dessen Titel lautet „Himmlische Stimmen“.
Bei dem stehen zwei Kompositionen auf dem Programm: Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 1 in C-Dur – nach einer Ouvertüre im französischen Stil mit kunstvoll gestalteten Tanzsätzen. Und die Sinfonie Nr. 3 von Camille Saint-Saens mit dem Solisten Volker Hempfling an der Orgel. Diese Sinfonie gilt als jenes Werk, das Saint-Saens im Zenit seines Schaffens schrieb und mit dem es ihm gelang, die Orgel als dafür eigentlich vollkommen untypisches Instrument in ein Orchester zu integrieren.
Hempfling ist in Altenberg übrigens kein Unbekannter: Er leitete dort viele Jahre den Domchor und kehrt nun einmal mehr an die Stätte seines musikalischen Wirkens zurück.
Einspielprobe (Bild: Heike Söth)
5. September 2023
von Gisela Schwarz
Für Volker Hempfling, von 1972bis 1985 Domorganist und Kantor der Evangelischen Kirche am Altenberger Dom, ist am Samstag ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen: Endlich spielte er die Orgelsinfonie, die Sinfonie Nr. 3 c-Moll von Camille Saint-Saëns – mit den Bayer-Philharmonikern.
Dahinter steht eine lange Geschichte: „Als Paul Wißkirchen und ich, damals beide Domorganisten, später auch Andreas Meisner, den elektrischen Spieltisch für die Klais-Orgel bekamen, haben wir alles gespielt, was für Orgel und Orchester auf dem Markt war und auf CD dokumentiert“, erinnert er sich an die guten alten Zeiten mit dem Gürzenich-Orchester. „Wir hatten einen Riesenspaß, aber an diese Orgelsinfonie wollte der damalige Konzertmeister nicht ran“, so Hempfling. „Lass die Finger davon, hat er mir gesagt, das Werk ist nicht zu schwer für dich, aber für uns – mit nur vier Stunden Probenzeit ist das als Orchester nicht zu packen.“ Als in diesem Jahr die Bayer-Philharmoniker das Werk für das Konzert im Altenberger Dom einstudierten, wurden zunächst die beiden Domorganisten Rolf Müller und Andreas Meisner gefragt. Aber beide konnten nicht. „Deswegen haben sie mich, den alten Domorganisten, gefragt – ich habe mir sofort die Partitur angeschaut und wusste, ich werde das schaffen“, berichtet der fast 80-Jährige.
Seit Anfang August haben die Bayer-Musiker geprobt, Hempfling verbrachte zwei Wochen mit der Familie auf Langeoog und fragte die Organistin, ob er an der dortigen Orgel proben könne. „Jeden Morgen habe ich anderthalb Stunden dort gesessen und meine Finger in Gang gehalten – es ist besser, man bleibt täglich dran, auch, wenn man im Urlaub schwimmen geht und im Sand spielt.“ Große Vorfreude herrscht bei Volker Hempfling auf das Konzert – und auf das Wiedersehen mit den alten Freunden und Bekannten aus seiner Zeit in Altenberg. Und die strömen in Scharen in den Dom, nach dem Konzert gibt es rührende Wiedersehensszenen und sogar Freudentränen.
Doch die stehenden Ovationen gelten nicht nur Volker Hempfling, sondern im gleichen Maße auch der Chefdirigentin Bar Avni und den Bayer-Philharmonikern. Mit mitreißenden und zugleich subtilen Gesten bis in die Fingerspitzen führt die Dirigentin durch Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 1C-Dur, BWV 1066 – die kleine sinfonischer Besetzung entwickelt im Dom einen herrlichen Klang – silbern erklingen die Streicher, leise unterstreichen die Holzbläser die tänzerischen Sätze. Barocklust pur!
Hempfling sitzt am großen Spieltisch hinter der linken Säulen, erst im zweiten Satz lässt er die Orgel erklingen mit einem tiefen gedehnten Largo, das sich kontrapunktisch mit dem Spiel der Streicher verbindet, lässt mit den Bläsern eine kleine Melodie erkennen – es entwickelt sich ein Wechselspiel der Klangfarben. Mit der „Voix celeste“, ein Streicherregister auf der Orgel, entwickelt sich ein schwebender sphärischer Klang – die Stimme des Himmels. Eine wundersame Komposition, in der die Orgel zwar als integrativer Bestandteil des Orchesters wirkt, aber doch als „Königin der Instrumente“ majestätisch ihre klanglichen Facetten ausspielen kann. Im Altenberger Dom haben die Bayer-Philharmoniker mit Bar Avni und Volker Hempfling ein unvergessliches Erlebnis geschaffen.
Beim Wekstattkonzert spielten die Bayer Philharmoniker mit dem Musikschul-Orchester (Foto: Matzerath, Ralph)
12. September 2023
von Monika Klein
Es dauerte eine Weile, bis alle auf der Bühne des Erholungshauses die richtigen Plätze gefunden hatten: Es war Premiere für einen Auftritt in dieser Konstellation. Die Bayer Philharmoniker nahmen die Mitglieder des großen Musikschul-Orchesters in ihre Mitte. Gemeinsam hatten erfahrene Orchesterleute und der Nachwuchs ab zwölf Jahren die 6. Sinfonie von Ludwig van Beethoven erarbeitet.
Nicht nur die jungen Instrumentalisten haben bei dieser intensiven Begegnung mit Beethovens Sechster vom semi-professionellen Orchester eine Menge gelernt, sondern auch die Zuhörer des Werkstattkonzertes am Samstagabend. Klaus Müller, der als Leiter seit über 30 Jahren (nicht nur) das Musikschulorchester zusammenhält und mit Geduld und Freundlichkeit immer neue Generationen im Ensemblespiel fit macht, moderierte die Veranstaltung, die emotional zu Ende ging. Es war sein Abschied vom Dirigentenpult, die musikalische Leitung legt er in die Hände seiner Kollegin Rebecca Stephan, die sich mit dem ersten Satz der Sinfonie vorstellte.
Vor jedem der fünf Teile erklärte Müller, aus welchen Motiven und musikalischen Bildern sich die einzelnen Sätze der Sechsten zusammensetzen. Die Musiker stellten angesprochene Themen kurz vor oder es wurden Hörhilfen vom Band eingespielt. Beispielsweise das Getrappel der Kutschpferde, mit denen der Komponist die Zuhörer seiner „Pastorale“ aufs Land befördert. Die Ankunft unter stärker werdendem Pferdegetrappel, dessen Rhythmus zuvor alle im Saal mitgeklatscht und von einer auf die andere Seite hat wandern lassen, die Lichtstimmung des Sonnenaufgangs oder die feierliche Empfindung, wenn sich die Baumkronen zueinander neigen wie die erhabene Kuppel einer Kathedrale. Oder die Szene am quirligen Bach, wo man Vogelstimmen lauschen kann, gefolgt von der Illustration des lustigen Dorflebens im dritten Satz, dirigiert von Bar Avni, Dirigentin der Bayer Philharmoniker.
Als dritter Beethoven-Dirigent gab schließlich Klaus Müller seinen Abschied. Die jeweils passenden Zeichnungen auf der Rückwand hatten Fünftklässler des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums gezeichnet. Als „Vorgruppe“ hatten sich die Jüngsten im Nachwuchsorchester „Gegen den Strich“ unter Leitung von Birthe Metzler vorgestellt. Noch mit kurzen Stücken, noch nicht so perfekt, aber schon mit musikalischem Schwung und großer Ernsthaftigkeit.
Harfenistin Anaëlle Tourret war die Solistin des Silvesterabends. Dirigentin. Bar Avni bat die Musikerin das Instrument zu erklären. (Foto: Heike Söth)
02. Januar 2024
von Monika Klein
Am besten die Augen schließen, um sich von der lautmalerischen Musik Modest Mussorgskis mitnehmen zu lassen. „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ in der Bearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow, der immerhin die die krassen Harmonien des Originals geglättet und für ein friedliches Ende gesorgt hatte.
Die Bayer Philharmoniker eröffneten ihr diesjähriges Silvesterkonzert mit atmosphärischem Spiel, bei dem Dirigentin Bar Avni mehr auf die kleinen, stillen Effekte setzte, als auf großes Getöse, das doch schließlich auf dem Höhepunkt der Sabbat-Feier ausbricht. Etwa die geisterhaften, versprengten Einsätze nach einer Generalpause oder anfangs das beschwörende Zischeln der versammelten Hexen. Ein emotionaler Einstieg in ein „Magie und Märchen“ überschriebenes Programm, das ganz ohne die üblichen Verdächtigen eines Konzerts zum Jahreswechsel auskam. Kein Walzer, keine Polka, stattdessen watteweiches Pianissimo, bei dem man die Ohren spitzen musste, um zu verfolgen, wie das Orchester einen dichten Klangnebel entwickelte – als Bühne für die Solo-Harfe bei den „Danse sacrée et Danse profane“ von Claude Debussy.
Anaëlle Tourret war die Solistin des Abends. Und Bar Avni bat die junge Solo-Harfenistin des Hamburger NDR Elbphilharmonie-Orchesters, das „zauberhafteste Instrument überhaupt“ kurz zu erklären. Das ist zugleich eines der ältesten und doch in dieser ausgewachsenen Form und Mechanik ein sehr modernes. Vergleichsweise jung ist die Literatur für Konzertharfe. Debussys Tänze, die zum Standard-Repertoire der Harfenzunft gehört, wurden 1904 in Paris uraufgeführt. In dem Jahr, in dem in Wiesdorf die Bayer Philharmoniker gegründet wurden. Ein netter, beiläufiger Hinweis auf das 120-jährige Bestehen, das in diesem Jahr ausgiebig gefeiert werden soll.
Weitgehend unbekannt war dagegen das Concertino für Harfe und Kammerorchester, das Ernst von Dohnány 1952 schrieb, in dem das traditionelle Verhältnis von Solo und Begleitung aufgehoben ist. Stattdessen erscheinen die Parts von Orchester und Soloharfe gerecht aufgeteilt, wie bei einem Dialog. Anspruchsvoll für beide Seiten, insbesondere für die exponierten Holzbläser, zumal das Stück auch für die Philharmoniker unbekanntes Terrain war. Die ließen dann im zweiten Teil „Das goldene Spinnrad“ schnurren, die sinfonische Dichtung von Antonín Dvořák, der das gleichnamige tschechische Märchen in bildhafte Musik übersetzt.
Die Bayer Philharmoniker feiern ihren Geburtstag mit einem bemerkenswerten Konzert. Foto: Miserius, Uwe (umi)
19. Februar 2024
von Monika Klein
Dass ein Werk von Paul Hindemith auf dem Programmzettel steht, ist kein Zufall. Tatsächlich haben die Bayer Philharmoniker den Komponisten selbst erlebt. Anfang Dezember 1958 dirigierte er das Orchester in zwei Konzerten, was die damaligen Mitglieder als unglaubliches Glück empfanden und als ein Highlight in die Chronik einging. Wie genau es dazu kam, ist nicht überliefert. Vermutlich spielte die Vermittlung durch Rechtsanwalt Friedrich Silcher eine Rolle. Der Großneffe des gleichnamigen bekannten Komponisten war seinerzeit Direktor der Rechtsabteilung des Werkes und hatte laut Chronik Ende 1957 „liebenswürdigerweise die Betreuung des Orchesters übernommen“.
Als das „Philharmonische Werkorchester der I.G. Farbenindustrie, Werk Leverkusen“ 1904 – im selben Jahr wie der Bayer Männerchor – gegründet wurde, ging es darum, den Musikliebhabern der Bayer-Familie eine Heimat zu bieten und sie sozusagen als klingender Werbeträger ins Umland und später in die ganze Welt (der Bayer Standorte) zu schicken. Zum 22-köpfigen Streichorchester gehörte der kleine Kreis von neun „Arbeitskameraden“, die sich vorher in der Berufsschule und im „Schlafsaal der Feuerwache“ getroffen hatte, um „nach Schluß der Arbeitszeit im Werk zu musizieren“.
Erich Kraack, der 1935 Leiter des „Philharmonischen Orchesters“ wurde, baute das Musikleben in der Stadt aus durch Konzerte und Konzertreisen und förderte das Werksensemble durch die Zusammenarbeit mit Profis. Er war parallel Dirigent des Kölner Kammerorchesters, das auch in Leverkusen spielte, und der Kölner Bachverein-Konzerte.
Nach 36 Jahren als künstlerischer Leiter übergab er 1972 die Philharmoniker an seinen Nachfolger Rainer Koch, der den Bayer-Musikern auch nach seinem Wechsel vom Kölner Opern-Kapellmeister-Pult zum Bielefelder Generalmusikdirektor die Treue hielt, fast vier Jahrzehnte lang.
Zusammen mit Nikolas Kerkenrath, seinerzeit Leiter der Kulturabteilung, wurde in den 1990er Jahren die Anwerbung junger Musikhochschul-Absolventen betrieben, die parallel zum Ausbildungs-/ Arbeitsvertrag im Bayer-Werk ins Orchester eingebunden wurden. Die steigende Professionalität wurde mit Einbeziehung in das offizielle Bayer Kulturprogramm mit damals noch zwei Konzertringen belohnt.
In der Ära Koch unternahmen die Philharmoniker große Konzertreisen an Bayer Standorte weltweit und traten mit namhaften Solisten wie Friedrich Gulda, Claudio Arrau, Frank-Peter Zimmermann, Christoph Poppen, Antje Weithaas oder Renaud Capuçon auf. Wie andere Werkensembles auch, mussten die Philharmoniker 2011 den Schritt in die Selbstständigkeit unternehmen und sind seitdem ein eingetragener Verein, der sich mit Konzerteinnahmen und der Spende seines exklusiven Sponsors finanziert. Parallel gab es einen Drigentenwechsel, Bernhard Steiner übernahm die Leitung 2011 und erweiterte bis zu seinem Abschied 2020 das klassische Repertoire um Cross-Over-Projekte (unter anderem mit David Garrett in der BayArena oder mit dem türkischen Schlagerstar und ESC-Sieger Sertab Erener) in Istanbul. Herausragend war die Aufführung des Holocaust-Oratoriums „I Believe“ von Zane Zalis.
Seit 2020 leitet Bar Avni, die als Dirigentin in der stARTacademy von Bayer Kultur gefördert wird, das Orchester. Mit der engagierten, enthusiastischen Israelin konzertierte man 2022 in Tel Aviv und Haifa. Und sie setzt auf ein Educationprogramm in Zusammenarbeit mit verschiedenen Schulen. Unter dem Motto „Bayer-Philharmoniker gehen zur Schule“ gab es schon Workshops am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium und am Werner-Heisenberg-Gymnasium.
Bayer-Philharmoniker
Marschnerstr. 1
40593 Düsseldorf
Der Verein "Bayer-Philharmoniker Leverkusen e.V." vertritt, verwaltet und finanziert die Bayer-Philharmoniker in freier Trägerschaft.
Gerhard Wansleben, StD i.R. (Vorsitzender) Christoph Müller (stellv. Vorsitzender) Michaela Niklaus (Schriftführerin) Gottfried Hallbach (Kassenwart) Dietmar Kändler (Disponent) Dr.Ellen Giebeler (Notenwart) Benjamin Müllenmeister (Education)
© Gerhard Wansleben, alle nicht gekennzeichneten Bilder von Heike Söth